Donnerstag, 18. August 2011

Polizeikontrolle

Ich bin wieder einmal im Auto unterwegs, als meine Steuerberaterin anruft. Wenn sie spricht, dann spricht sie erfahrungsgemäß lange. Ich stelle mich also darauf ein. Und dann habe ich die Autobahn schon seit Minuten verlassen, aber sie spricht noch immer.

Plötzlich erspähe ich weiter vorne einige Polizeistreifen am Straßenrand in offensichtlicher Warteposition. Geistesgegenwärtige würge ich die Stimme am Handy ab und schiebe das Gerät auf den Sitz und unter meinen Oberschenkel. Gut so, denn man winkt mich Unschuldigen doch tatsächlich aus dem fließenden Verkehr heraus.

„Allgemeine Fahrzeugkontrolle. Ihren Führerschein und Fahrzeugschein, bitte.“

Diese beiden jungen Blondinen in Uniform und wegen der schußsicherer Weste etwas zu füllig für meinen Geschmack blicken sehr amtlich auf mich. Ich will eigentlich lustig sein und die Situation etwas auflockern und sage: "Nur unter der Bedingung, daß Sie nicht wegen des alten Fotos in meinem Lappen lachen!" Keine von den beiden Polizistinnen kann bisher überhaupt lachen.

"Haben Sie ein Handy?" Ich verkneife mir die nächste lustige Bemerkung.
"Ja" ist meine knappe und korrekte Antwort.
"Sie haben während des Fahrens telefoniert!"
"Das kann überhaupt nicht sein!“
"Ein Kollege hat Sie weiter vorne mit Handy am Ohr erspäht.“

Ich versuche einen schnellen aber unauffälligen Blick zu meinen Oberschenkeln zu erhaschen, doch die aufmerksame Polizistin verfolgt jede meiner Bewegungen.

Ich gebe vor, einen längeren Augenblick angestrengt nachzudenken, und melde mich bei den beiden Blondinen wieder mit den Worten: "Ich schlage vor, ich zeige Ihnen auf meinem Handy, daß ich eben gerade nicht telefoniert habe.“ Beide gehen auf diesen Vorschlag ein. Also schnalle ich mich ab und greife umständlich nach meinem Gürtel, klappe dort eine Handytasche auf, fingere nach einem Handy und versuche recht umständlich die Tastatur zu entsperren. Schnell läßt sich Blondine Aufmerksam das Gerät übergeben, klickt ebenso rasch auf ein paar Knöpfe und staunt über die absolut leere Anrufer- und Empfängerliste.

"Sie haben die Listen gelöscht!" Da meldet sich die zweite Blondine zum ersten Mal zu Wort. "Claudi, er kann unmöglich in der Zwischenzeit beide Listen gelöscht haben."

Polizeimeisterin Aufmerksam schaute ärgerlich drein, schaute immerzu auf meine Oberschenkel, aber da liegt gerade meine Brieftasche. Beide Oberschenkel muß ich deshalb zusammen pressen, damit die Papiere nicht herunterfallen. Und ich habe in diesem Moment keine Ahnung, ob man mein dort verstecktes Ersthandy sehen kann. Und es ist ein weiterer glücklicher Moment, daß ich in diesem Moment ausnahmsweise einmal nicht angerufen werde und auch mein Handy-Wecker zur Tabletteneinnahme noch ein paar Minuten zögert.

"Entschuldigen Sie, war wohl eine Verwechslung."
"Ich würde doch niemals während des Fahrens telefonieren, meine Damen...“

© OScAR 2011.

Dienstag, 2. August 2011

Taube auf dem Dach

Ein Stau bremst uns zum Schrittempo. Die Autofahrer machen es sich wie ich in den Kolonnen bequem und rücken nach und nach weiter. Mal im Schrittempo, mal etwas flotter für ein paar wenige Meter.

Will diese Taube nicht etwas schneller über die Autobahn fliegen? Sie kreist über dem Fahrzeug vor mir gleich einem Hubschrauber, der auf einem sich in Fahrt befindlichen Flugzeugträger landen will. Und obwohl wir langsam vorwärts rollen, kreist diese Taube weiterhin über dem Fahrzeug. Nun ja, Geschmack scheint sie zu haben, denn sie hat sich einen dickeren Mercedes ausgesucht.

Während wir noch immer rollen, setzt sie zum endgültigen Landeanflug an und landet tatsächlich auf dem Autodach. Ich schaue mich schnell einmal um. Die anderen Autofahrer haben ebenfalls diese Landung beobachtet und beobachten interessiert und lächelnd diese Taube auf dem Dach.


Sicherlich werden gerade Wetten abgeschlossen, wie lange sie sich dort halten kann, und sehnsüchtig wird das Ende des Staus herbeigesehnt, denn dann wird es erst interessant werden.

In der Zwischenzeit wandert die Taube von einer Dachseite zur anderen, pickt in der Dachrinne, wandert wieder zurück, pickt auf der anderen Seite. Zwischendurch flattert sie etwas stärker im Fahrtwind, weil der Flugzeugträger kurzzeitig etwas Fahrt aufgenommen hat. Doch weiterhin scheint das Dach ein gedeckter Tisch für sie zu sein.

Der Autofahrer muß etwas bemerkt haben. War es das Tippeln der Taubenfüße auf dem Dach? Nun ja, so ein dicker Mercedes ist zwar bestens geräuschgedämmt, aber das Tippeln einer Taube auf dem einem Mercedesdach wurde bei der Konstruktion sicherlich glatt vergessen. Also öffnet der Fahrer das Fenster, streckt seinen Arm heraus und schlägt auf sein eigenes Dach. Da hebt die Taube erwartungsgemäß blitzschnell ab und verschwindet aus unserem Blickfeld.

Das Stauende ist noch lange nicht in Sicht.

© OScAR 2011